sendfest

Sendfest

Das Sendfest ist das höchste religiöse Fest der Rotisten.
Ursprung ist die Rückkehr Milenas zu den Scholastikern aus dem Himmel. Viele Jahre, nachdem Sie auf das Rad geflochten wurde, erschien Sie Ihren Nachfolgern ein letztes Mal, um die entzweiten Vier zu einen, Ihnen Ratschläge zu erteilen und die Angst zu nehmen.
An diesem Tage feiern die Rotisten seitdem das Fest der Botschaften, an dem ein jeder gleich ist, so wie Er und Sie ihn schufen und wie er dereinst wieder vor Seinem Thron stehen wird. Die Unterschiede der Stände sind aufgehoben, vielerorts bekleidet an diesem Tage der niederste Knecht symbolisch das höchste Amt.
In vielen Regionen Siebenhafens ist es üblich, an diesem Tage seine Kopfbedeckung an einen Pfosten zu nageln, oft an die Türe, oder sie an einen Baum zu binden, oder sie einfach auf einen Tisch zu legen. Im Laufe des Tages sammeln sich in den Kopfbedeckungen Briefchen an, kleine Zettel oder auch richtige Schriftrollen, vom Knappen an seinen Herrn, vom Bauern an seinen Lehnsgeber, vom Burschen an seine Geliebte, von den Untertanen an den Fürsten. Wenn die Mützen des Abends eingesammelt werden, und ein jeder sich still mit den Botschaften an sich beschäftigt, mag so manche aufbrausende Kritik darunter sein, aber oft bringen diese Botschaften Liebende zusammen, fördern das Verständnis und schlichten so manchen Streit. Ob einer seinen Namen unter seine Botschaft setzen mag, ist jedem selbst überlassen.
Den Tag über werden Gottesdienste gefeiert, Lieder und Gedichte zum Besten gegeben, und mancherorts führen die Kinder die Geschichte vom Ersten Sendfest als Theaterstück auf. Es gibt ganz bestimmte Gerichte, die es sonst im Jahr nicht gibt, mag es Gebäck sein, Suppe oder Braten.
Nachdem die Botschaften gelesen sind, danach verbrannt oder am Herzen geborgen, setzen sich die Rotisten bunt gemischt an eine lange Tafel, und die Küche tischt auf, was die Vorratskammer hergibt. 5 Tage von Brei und Wasser wollen vergessen sein, die Trauer über den Fortgang Milenas ist vorüber, die Freude über Ihren Aufstieg zu Ihm wird gefeiert. Oft gibt es abends auch einen Maskenball, um die Verwirrung der Stände auf die Spitze zu treiten.


Einen guten Eindruck gibt der Brief von Alarion Aranabachor an die Königin der Elben:

Geliebte Bereth,

wie ihr mich geheißen habt, verbrachte ich die letzten Wochen in dem Gobel der Menschen, mit denen ich Arana tausche. Mein Eindruck bestätigte sich, es sind kurzlebige, übel riechende Kreaturen, nur wenig klüger als Wildschweine, und voller Aberglaube.
Doch ich muss zugeben, an einem Tag überraschten sie mich. Diesen Tag nennen die Menschen „Sendfest“, er lässt sich mit „Mereth na Suilanna“ nur ungenügend übersetzen. Eigentlich haben die Menschen in dem Haus dieses „Freiherrn“ genug zu essen, aber in der Woche vor diesem Tag gibt es nur Brei, und auch das nur zweimal am Tag. Nur meine Idhor brachte mich dazu, diesen Schleim hinunterzuwürgen. Ihnen ging es ähnlich, aber es schien ihnen weit weniger auszumachen, wenn sie davor gemeinsam singen.
Jener Festtag unterschied sich von allen anderen Tagen, die ich bei ihnen erlebte. Sie standen früh auf, doch nicht um an ihre maenas zu gehen, sondern um das Haus zu reinigen, es zu schmücken und ein reiches Frühstück zu bereiten. Als alle saßen, reichte der Freiherr jedem eine Scheibe Bást, und ganz ungewöhnlich für sie achteten sie gar nicht mehr auf die Reihenfolge am Tisch und die unnützen Verbeugungen vor dem Freiherrn und seiner Hervess. Nach dem Essen sprach der golwen Dir, von einer Frau namens Milena, und der Bedeutung dieses Tages. Er scheint den Menschen sehr wichtig zu sein. Als er geendet hatte, stürzten alle hinaus in die kalte Gwelwen des Winters, und wie erstaunt war ich, als sie alle die Mützen, die sie sonst stets trugen, an einen Balken neben der Tür hängten.
Den ganzen Tag über stahl sich immer mal wieder einer heimlich von der Gemeinschaft fort, um eine Botschaft in einen Carab zu legen. Sie verbrachten den Tag damit, dem golwen Dir zu lauschen, Gedichte und Lieder vorzutragen, und die Kinder spielten eine Geschichte nach, von der man mir erzählte, so hätte sich das erste Sendfest zugetragen. Die Alten durften am Feuer sitzen, im Stuhl, der sonst dem Freiherrn vorbehalten ist, und die Hervess spülte in der Küche das Geschirr. Eine Harmonie herrschte im Haus, dass mein Herz ganz schwer und wehmütig wurde nach der Gemeinschaft am Pand na Bereth, und zugleich ich ein Gefühl des zuhauseseins verspürte wie nie zuvor in der Mitte der Menschen.
Abends, nach dem Essen, trug ein jeder seine Kopfbedeckung wieder ins Haus, nachdem die Dunkelheit den verstohlensten Gelegenheit gegeben hatte, ihre Botschaften abzuliefern. Alle zogen sich allein in Ecken zurück, und selbst für mich hatte man ein Tuch von Arana ausgelegt, in dem sich einige Suilanna gesammelt hatten. Jene, die ihre Botschaften lasen, liessen ein reiches Mienenspiel erblicken, manches Gesicht entstellte der Ärger, doch viele Tränen flossen, und ich sah einen Knecht und eine Weberstochter, die voll Manadh das erste Mal in des anderen Armen lagen. Mir teilten die Menschen, was ich nicht erwartet hatte, mit, dass sie sich durch meine Anwesenheit geehrt fühlten, dass sie wünschten, ich möge sie auch im Wald nicht vergessen, und es rührte mein Hûn, dass ich keinem etwas geschrieben hatte.
Als alle ihre Zettel verstaut oder verbrannt hatten, huschten sie flugs auf ihre Zimmer, so dass ich ganz allein im großen Saal zurückblieb. Bald waren alle wieder da – doch wie verwandelt. Die Kleider reich, und die Gesichter verdeckt von Masken. Man erklärte mir, am Tage der Botschaften seien alle Iau aufgehoben, alle seien gleich, und so verbergen sie, was sie sonst sind, und feiern gemeinsam. Musikanten spielten auf, und alles drehte sich im rauschenden Kreise. Ich konnte nicht anders, ich mischte mich unter sie, und auch mich erfasste, so fern der Bair, doch ein großes Glück.
Bereth, auch wenn uns die Menschen so fremd scheinen, mit ihren rohen Gebräuchen und ihrem kindlichen Verstand, dieser Tag hat mir gezeigt, dass in Ihnen auch ein gutes Herz wohnt, und dass ein Schritt auf sie zu kein Schritt in die falsche Richtung sein muss.

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  • Zuletzt geändert: 31.05.2022 16:51
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